Lehnt der Schuldner ab, seine Geldschuld zu bezahlen, bleibt dem Gläubiger keine andere Möglichkeit, als seinen Anspruch auf rechtlichem Wege durchzusetzen. Zunächst muss der Gläubiger sich einen sog. Vollstreckungstitel besorgen – allgemein eine gerichtliche Entscheidung. Erst danach kann der Gläubiger zur Zwangsvollstreckung dieser Entscheidung schreiten.
Zur Vollstreckung der Entscheidung in der Tschechischen Republik ist von grundlegender Bedeutung, dass der Schuldner auf dem Gebiet der Tschechischen Republik ausreichend Vermögen besitzt, das belangt (versteigert usw.) werden kann. Vollstreckt werden können dabei sowohl durch tschechische Stellen ergangene Entscheidungen, als auch ausländische Entscheidungen. Im zweiten Fall kann das Vermögen des Schuldners zum Beispiel aus Aktien oder dem Anteil an einer tschechischen Gesellschaft, einer Immobilie in der Tschechischen Republik usw. bestehen.
In der Tschechischen Republik sind grundsätzlich zwei Formen der Zwangsvollstreckung möglich, entweder übernimmt die Vollstreckung das Gericht selbst (sog. gerichtliche Vollstreckung) oder sie erfolgt durch einen Gerichtsvollzieher (sog. Vollstreckung). Bei den Gläubigern beliebtere und eindeutig effektivere Variante ist die Durchsetzung der Entscheidung durch Gerichtsvollzieher – daher befassen wir uns mit ihr ausführlicher.
Das genaue Vorgehen des Gläubigers bei der Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung ist in erster Linie davon abhängig, aus welchem Staat die geltend gemachte Entscheidung stammt. Im Grunde können drei Modellsituation eintreten.
Situation Nr. 1 – Ist die Entscheidung durch ein Gericht eines EU-Mitgliedsstaates ergangen, gelten die in der Brüssel-I-Verordnung geregelten einheitlichen Regeln für die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen eines Mitgliedsstaates in einem anderen Mitgliedsstaat. Aufgrund dieser Verordnung reicht es dem Gläubiger, sich mit einer gerichtlichen Entscheidung und der durch die Verordnung bestimmten Sonderbescheinigung auszustatten (bzw. auch mit den Übersetzungen dieser Dokumente) und er kann sich direkt an einen tschechischen Gerichtsvollzieher wenden. Dieser verfährt dann im Grunde in gleicher Weise wie bei der Vollstreckung einer tschechischen Entscheidung.
Situation Nr. 2 – Ist die Entscheidung durch ein Gericht eines Drittstaates ergangen (Amerika, Russland usw.), ist die Situation des Gläubigers komplizierter. Zunächst ist festzustellen, ob zwischen der Tschechische Republik und dem Staat, dessen Gericht die Entscheidung veröffentlicht hat, in der Vergangenheit ein internationales Rechtsbeihilfeabkommen geschlossen wurde oder nicht, bzw. ist zu prüfen, inwieweit es auf den konkreten Fall Anwendung finden kann. Wenn zwischen den betroffenen Staaten kein internationales Abkommen geschlossen wurde, verfährt der Gläubiger nach der tschechischen nationalen Regelung – dem Gesetz über das internationale Privatrecht. Aufgrund dieses Gesetzes ist der Gläubiger gezwungen, zunächst ein Sonderverfahren vor dem tschechischen Gericht zu absolvieren, und erst anschließend kann er sich mit der Vollstreckung der ausländischen Entscheidung an einen Gerichtsvollzieher wenden. Ziel des Sonderverfahrens ist ein Urteil des tschechischen Gerichts, durch das es die Entscheidung des ausländischen Gerichts ausdrücklich anerkennt und dadurch die Beitreibung der in ihr auferlegten Pflichten in der Tschechischen Republik ermöglicht. Zwischen das ausländische Gerichtsurteil und die über das Vermögen des Schuldners auf dem Gebiet der Tschechischen Republik geführte Zwangsvollstreckung wird in diesem Fall also noch ein Gerichtsverfahren über die Anerkennung der ausländischen Entscheidung geschoben.
Situation Nr. 3 – Dritte Modellsituation ist der Zustand, wo zwischen der Tschechischen Republik und dem Staat des Gerichts, durch das die betroffene Entscheidung ergangen ist, ein internationales Rechtsbeihilfeabkommen geschlossen wurde. Internationale Abkommen erfordern in der Regel ein vereinfachtes Verfahren über die Anerkennung oder Vollstreckbarkeitserklärung der Entscheidung des zweiten unterzeichneten Staates. Probleme bereitet allerdings die Tatsache, dass diese internationalen Abkommen häufig noch aus einer Zeit stammen, wo hierzulande noch gar keine Gerichtsvollzieher tätig waren (Gerichtsvollzieher sind erst im Jahr 2001 „entstanden“) und die Zwangsvollstreckung ausschließlich durch ein Gericht (gerichtliche Vollstreckung) möglich war. Im Ergebnis kann der Gläubiger so die Regelung des internationalen Abkommens häufig überhaupt nicht nutzen und muss erneut nach der nationalen Regelung verfahren, d.h. dem Gesetz über das internationale Privatrecht, da das durch das internationalen Abkommen geregelte vereinfachte Verfahren für die Vollstreckung nicht genutzt werden kann.
Aus Vorstehendem resultiert, dass die Durchsetzung einer ausländischen Entscheidung in der Tschechischen Republik eine gute Orientierung sowohl in der nationalen und europäischen rechtlichen Regelung, als auch in den von der Tschechische Republik auf dem Gebiet des internationalen Rechts eingegangenen Verpflichtungen voraussetzt. Daher kann nur empfohlen werden, sich bei der Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung an einen erfahren Anwalt zu wenden, der die rechtliche Regelung bestimmt, nach der im konkreten Fall zu verfahren ist, die eventuelle Anerkennung des ausländischen Urteils durch die tschechischen Gerichte sicherstellt und die Sache anschließend an einen Gerichtsvollzieher übergibt, der die ausländische Entscheidung dann bereits vollkommen eigenständig vollstreckt. Wenn nämlich der Gläubiger die Sache direkt an den Gerichtsvollzieher übergibt und anschließend festgestellt würde, dass die vorherige Anerkennung der Entscheidung notwendig war, droht dem Gläubiger das Risiko, dass die laufende Vollstreckung eingestellt wird, was den gesamten Prozess komplizierter werden lässt.