Im März 2022 ist durch den Obersten Gerichtshof ein Urteil ergangen, in dem es die Ansichten der Fachkreise u.a. zu Vorschusszahlungen auf den Gewinnanteil klargestellt hat.
Die Entscheidung über die Gewinnausschüttung fällt laut gesetzlicher Regelung in die Zuständigkeit der Hauptversammlung, die Entscheidung über Vorschusszahlungen auf den Gewinnanteil obliegt hingegen dem Geschäftsführungsorgan der Aktiengesellschaft (Vorstand/Verwaltungsrat). Hierbei handelt es sich allerdings nicht um die Geschäftsleitung der Gesellschaft, sodass die Hauptversammlung Weisungen erteilen kann.
Der Oberste Gerichtshof hat jedoch eingeräumt, dass der Hauptversammlung auch die Entscheidung über Vorschusszahlungen auf den Gewinnanteil durch Satzungen vorbehalten werden kann, wenngleich diese Lösung nach seiner Auffassung nicht praktisch sei.
Wenn allerdings die Hauptversammlung über Vorschusszahlungen auf den Gewinnanteil entscheidet, obgleich ihr diese Zuständigkeit laut Satzung nicht obliegt, sind bei einer solchen Entscheidung stets mehrere Aspekte zu beurteilen – ob:
- die Entscheidung der Hauptversammlung (die so angesehen wird, als ob sie nicht getroffen worden wäre) nicht als eine Weisung der Hauptversammlung an den Vorstand zur Entscheidung über die Leistung von Vorschusszahlungen anzusehen ist; oder
- nicht ein sog. einmaliges Durchbrechen der Satzung vorliegt, d.h. ob sie nicht den Willen der Aktionäre einschließt, diese Befugnis für diesen einzelnen Fall zu übertragen, ohne den Willen zur Satzungsänderung (in diesem Fall muss die Entscheidung jedoch mit der für Satzungsänderungen notwendigen Mehrheit und in Form einer notariellen Niederschrift getroffen werden).
Als einmaliges Durchbrechen der Satzung ist allerdings auch die Entscheidung des Alleinaktionärs (in diesem Fall auf Antrag des Vorstands) zu verstehen, daher kann eine solche Entscheidung auch er vornehmen.