Schadenshaftung des Geschäftsführers: der Insolvenzantrag ist nicht erst mit Aufstellung der Liquiditätsbilanz zu stellen

27. 3. 2023

Der deutsche Bundesgerichtshof entschied im Sommer 2022, dass im Streit über die Schadenshaftung eines Geschäftsführers bei einer zu spät eingereichten Insolvenzanmeldung, die Insolvenz des Schuldners auch mit anderen Mitteln als durch Aufstellung einer Liquiditätsbilanz dargelegt werden kann. Dies führte zu einer stürmischen Debatte und zur Unsicherheit aufseiten der Geschäftsführer.

Es handelte sich um einen Fall, bei dem der Geschäftsführer einer einem Cash-Pool der Unternehmensgruppe angeschlossenen Tochtergesellschaft einen Betrag von insgesamt 3.000.000 EUR zu einem Zeitpunkt auf das Konto der Muttergesellschaft überwiesen hat zurückzahlte, zu dem der Insolvenzantrag noch nicht gestellt wurde. Der Insolvenzverwalter erhob Zahlungsklage. Sowohl das erstinstanzliche Gericht als auch das Berufungsgericht wiesen die Klage ab, da nach Auffassung der Klägerin (Insolvenzverwalter) das zum Zeitpunkt des Überweisungsdatums die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft nicht nachgewiesen werden konnte, da keine Gesamtliquiditätsplanung der Unternehmensgruppe vorgelegt wurde. Der Insolvenzverwalter habe „nur“ einen Liquiditätsstatus vorgelegt, der (rückwirkend) von der Liquiditätsentwicklung in den dem Stichtag zum Jahresende folgenden drei Wochen ausging (mehr als ein Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags und mehr als 10 Monate vor den Transaktionen, welche die Schadenshaftung des Geschäftsführers begründet haben sollen).

Das erstinstanzliche Gericht und das Berufungsgericht wiesen die Schadenshaftung des Geschäftsführers zurück. Der Bundesgerichtshof entschied allerdings, dass die Ansprüche beider Gerichte auf Nachweis sowohl der Zahlungsunfähigkeit als auch der Schadenshaftung des Geschäftsführers überspannt seien. Nach ständiger deutscher Rechtsprechung ist eine Gesellschaft zahlungsunfähig, wenn sie im Zeitraum von 3 Wochen nach Feststellung der Zahlungsunfähigkeit nicht in der Lage ist, mindestens 90 % ihrer fälligen Verbindlichkeiten zu bedienen. Die betroffene Gesellschaft konnte im Zeitraum, auf den sich der Insolvenzverwalter berief, nur 50 % bis 60 % der fälligen Verbindlichkeiten bedienen.

Der Bundesgerichtshof hat hierzu allerdings neu festgestellt, dass die Zahlungsunfähigkeit nicht durch den Liquiditätsstatus für einen dreiwöchigen Zeitraum nachzuweisen sei. Es genügt ein einfacher Liquiditätsstatus für drei ausgewählte Tage in diesem dreiwöchigen Zeitraum. Die Berücksichtigung von zu erwartenden Erträgen und Gewinnen wird dadurch sehr eingeschränkt.

In der Tschechischen Republik ist die Situation anders. Den Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit hat der Geschäftsführer zu stellen, wenn die Gesellschaft ihren Verbindlichkeiten dreißig Tage nach Fälligkeit bei mindestens zwei Gläubigern nicht nachkommen kann. Irrelevant ist das prozentuale Maß der Zahlungsunfähigkeit, entscheidend ist vielmehr, dass die Zahlungsunfähigkeit gegenüber mehreren Gläubigern gegeben sein muss.

In Deutschland liegt der Schwerpunkt auf der prozentualen Fähigkeit, die Verbindlichkeiten im betroffenen Zeitraum zu bedienen, wobei davon ausgegangen wird, dass der Unternehmer seine Verbindlichkeiten unverzüglich bedient. Das Verständnis der Insolvenz im deutschen und tschechischen Recht unterscheidet sich somit erheblich. In Deutschland liegt das Augenmerk auf der Fähigkeit, den Verbindlichkeiten im Verlauf eines relativ kurzen Zeitraums nachzukommen (d.h. drei Wochen). Der Anspruch an die Solvenz der Gesellschaft ist recht hoch, da die Gesellschaft binnen drei Wochen 90 % ihrer Verbindlichkeiten bedienen muss.

In der Tschechischen Republik wird die Zahlungsunfähigkeit nicht nach der laufenden Fähigkeit, die Verbindlichkeiten bedienen zu können, festgestellt. Relevant ist vielmehr, wie lange die Gesellschaft nicht in der Lage ist, überhaupt leisten zu können.

Der Liquiditätstest wird nicht zur Bestätigung der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft genutzt, sondern zu ihrer Widerlegung. Bei ihrer Berechnung wird allerdings der gleiche Maßstab wie in Deutschland angesetzt. Die Insolvenz der Gesellschaft ist fraglich, wenn ihre Leistungsunfähigkeit weniger als 10 % der Verbindlichkeiten betrifft. Ein Unterschied besteht in der Methode, bei der die Liquidität nicht laufend gemessen wird, sondern in der Summe für 30 Tage mittels des sog. Status der Betriebsliquidität.

In der Tschechischen Republik (aber auch in Deutschland) kann eine Person auch in Form der sog. Überschuldung insolvent sein, bei der die Höhe der Schulden der Gesellschaft das Vermögen übersteigt.

Stellt der Geschäftsführer den Antrag nach den vorgenannten Kriterien nicht, so haftet er gegenüber den Gläubigern für einen Schaden, einerseits für durch die Nichterfüllung der Verbindlichkeiten verursachten vertraglichen Schäden, nicht ausgeschlossen ist aber auch seine strafrechtliche Verantwortung.

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