Gleiche Personen im Geschäftsleitungsorgan der Mutter- und der Tochtergesellschaft: begrenzte Vertretungsbefugnisse?

6. 6. 2023
Gleiche Personen im Geschäftsleitungsorgan der Mutter- und der Tochtergesellschaft: begrenzte Vertretungsbefugnisse?

Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft können nicht zu Geschäftsführern einer Tochtergesellschaft bestellt werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden und damit eine im deutschen Handelsrecht seit langer umstrittene Frage geklärt. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft beauftragte zur Vertretung von zwei seiner Mitglieder einen Rechtsanwalt mit der Einreichung eines Antrags auf Errichtung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Das Registergericht lehnte jedoch die Eintragung ohne Weiteres mit der Begründung ab, das Geschäftsleitungsorgan der "entstehenden" Gesellschaft stehe dem entgegen.

Bei der Tochtergesellschaftsgeschäftsführern sollte es sich um Personen handeln, die bereits in der Muttergesellschaft als Vorstandsmitglieder bestellt wurden. Daher verlangte das Registergericht die Zustimmung des Kontrollorgans der Muttergesellschaft (d. h. des Aufsichtsrats) zur Bestellung der Vorstandsmitglieder zu Geschäftsführern der Tochtergesellschaft. Gegen diese Entscheidung wurde Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht bestätigte jedoch die Entscheidung des erstinstanzlichen Registergerichts.

Schließlich legten die oben genannten Vorstandsmitglieder Revision ein. Der BGH hob die bestätigende Entscheidung des Berufungsgerichts auf und gab damit der Revision der Kläger statt, allerdings nur formal:

Eine geschäftsführende Funktion in einer Tochtergesellschaft könnte die Interessen der Muttergesellschaft gefährden, deren Interessen die Vorstandsmitglieder als deren Vertreter wiederum schützen sollten: Daher ist das allgemein geltende zivilrechtliche Verbot von Interessenkonflikten und insbesondere das Verbot, als Vertreter für zwei Rechtssubjekte gleichzeitig zu handeln, anzuwenden.

Die Bestimmung über die Genehmigung des Rechtsgeschäfts des Vorstands durch den Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft bezieht sich auf die Rechtsgeschäfte der Gesellschaft, zu der der Vorstand gehört. Diese Bedingung wurde nicht erfüllt, da der Aufsichtsrat über die Genehmigung der Bestellung von Geschäftsführern der Tochtergesellschaft entscheiden würde, was nicht zulässig sei.

Die Ausnahme von der Interessenkonfliktregelung zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen - in diesem Fall Mutter- und Tochtergesellschaft - muss trotz der Tatsache, dass die Gesellschaft gegründet wurde und die Geschäftsführer vom Bevollmächtigten der Muttergesellschaft bestellt wurden, auf der Ebene der Muttergesellschaft von anderen Personen als den künftigen Geschäftsführern erteilt werden. In diesem Fall schlug der BGH als Lösung vor, dass das dritte Vorstandsmitglied zusammen mit einem Prokuristen als die Personenberechtigt wären, den beiden anderen Vorstandsmitgliedern die Ausnahme vom Interessenkonfliktregelung der Bevollmächtigten zu erteilen.

Im tschechischen Recht regelt das Gesetz über Handelsgesellschaften das Verbot, bei mehreren Unternehmen als Mitglied eines vertretungsberechtigten Organs tätig zu sein. Das Verbot gilt nur für juristische Personen mit ähnlichem Unternehmensgegenstand. Ein Mitglied des vertretungsberechtigten Organs ist vom Wettbewerbsverbot ausgenommen, wenn es eine identische oder ähnliche Funktion (z.B. Prokura) in einem anderen Unternehmen innerhalb des Konzerns ausübt, da nicht davon ausgegangen wird, dass dies der Treuepflicht gegenüber der Muttergesellschaft widersprechen würde. Darüber hinaus kann die Situation, in der ein Mitglied des Geschäftsleitungsorgans die gleiche Funktion in einer anderen Gesellschaft ausübt, die von dem obersten Organ der Gesellschaft (d. h. allen Gesellschaftern) genehmigt wurde, als Ausnahme angesehen werden. Schließlich ist hinzuzufügen, dass das Verbot der Funktionsausübung durch die Satzung oder den Geschäftsführervertrag abweichend vom Gesetz geregelt werden kann (d.h. sowohl eingeschränkt als auch erweitert werden kann).

Wir sind der Auffassung, dass das Wettbewerbsverbot, das in der Ausübung der Funktion eines vertretungsberechtigten Organs in mehreren Gesellschaften nach tschechischem Recht besteht, auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar wäre. Es musste nachgewiesen werden, dass der Zweck der Tochtergesellschaft dem der Muttergesellschaft ähnlich war und dass es sich nicht um einen Konzern handelte. Nach deutschem Recht wird ein Konzern entweder durch einen Vertrag oder durch einen Beschluss der Aktionäre der Muttergesellschaft zur Gründung einer Tochtergesellschaft gegründet. Das tschechische Recht versteht unter dem Begriff "Konzern" jedoch jeden stärkeren Einfluss einer Gesellschaft auf eine andere in Bezug auf deren Entscheidungsfindungen, und dieser Begriff ist viel weiter gefasst als im deutschen Recht. Daraus ist zu schließen, dass in der tschechischen Rechtsordnung die Handlungen der oben genannten Mitglieder des satzungsmäßigen Organs rechtmäßig wären, da sie die satzungsmäßigen Organe mehrerer Gesellschaften innerhalb des Konzerns sind. Der Interessenskonflikt wird erst im Rückwirkenden bei der Beurteilung des Verhaltens nach dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht beurteilt.

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