Zu den Grundprinzipien der Mehrwertsteuer zählt ohne Zweifel das Neutralitätsprinzip dieser Steuer und zu den Grundfreiheiten des Marktes im Rahmen der Europäischen Union eindeutig der freie Warenverkehr. Wird die Ware außerhalb des Gebiets der Europäischen Gemeinschaft geliefert, so handelt es sich aus Sicht der Mehrwertsteuer um einen Warenexport, aus einem Land außerhalb der Europäischen Gemeinschaft angeschaffte Ware hingegen ist importierte Ware.
Die Finanzhauptdirektion hat im Januar dieses Jahres eine Information zu mit dem Warenimport und -export verbundenen Dienstleistungen und den Bedingungen veröffentlicht, unter denen bei diesen Dienstleistungen die MwSt.-Befreiung geltend gemacht werden kann. Die Finanzverwaltung hat so die Schlüsse des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C-288/16 L. Č. angewendet.
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat sich mit der in der Praxis weit verbreiteten Situation befasst, wo der Warenexporteur (Subjekt A) vertraglich die Gesellschaft (Subjekt B) mit der Sicherstellung des Transports beauftragt. Die Gesellschaft B realisiert den Warentransport über einen weiteren Lieferanten (Subjekt C). Hier bestand somit eine Vertragsbeziehung für den Warentransport zwischen den Subjekten A und B sowie eine Vertragsbeziehung zwischen den Subjekten B und C. Aufgrund des beschriebenen Geschäftsschemas ist der Gerichtshof der Europäischen Union zum Schluss gelangt, dass die von der Gesellschaft C erbrachten Dienstleistungen zwar zur Durchführung des Exports erbracht wurden, nicht aber direkt an den Empfänger oder Exporteur dieser Ware, so dass die Bedingung der Direktverbindung nicht erfüllt wurde und daher keine MwSt.-Befreiung geltend gemacht werden könne.
Worin liegt also die Bedeutung der veröffentlichten Stellungnahme und ab wann wird sie wirksam? Die Stellungnahme erweitert die bisherige Auslegung der geltenden Steuerlegislative um eine zweite Bedingung, die zur Befreiung der mit dem Warenimport und -export verbundenen Dienstleistungen Berücksichtigung zu finden hat. Zur Direktverbindung reicht also nicht aus, dass die Dienstleistung zur Durchführung des Warenimports und -exports beiträgt. Neu hinzukommende Bedingung ist die Tatsache, ob zwischen dem Dienstleister und Exporteur/Importeur/Empfänger der Ware oder Absender eine direkte Vertragsbeziehung besteht. Aufgrund dieser Vertragsbeziehung kann festgestellt werden, dass es sich tatsächlich um eine mit dem Warenimport und -export direkt verbundene Dienstleistung handelt, die von der Mehrwertsteuer befreit ist. Die Finanzverwaltung wird sich nach der neuen Auslegung mit Wirksamkeit ab dem 1.3.2018 richten.
Die Bedingung der Art und Weise der Verbindung gilt jedoch nicht und wird nicht gelten für mit dem Import verbundene Dienstleistungen, wenn diese Dienstleistung in die Steuerbemessungsgrundlage beim Import eingeschlossen wurde.
Der Vollständigkeit halber ist noch zu erwähnen, dass die beschriebene Befreiung der Dienstleistungen natürlich nicht jene Dienstleistungen betrifft, die von der Steuer ohne Anspruch auf Steuerabzug befreit sind.