Der Oberste Gerichtshof hat sich in seinem aktuellen Urteil der rechtlichen Auffassung des Verfassungsgerichts angeschlossen (über das Urteil des Verfassungsgerichts haben wir Sie bereits informiert, dessen Zusammenfassung finden Sie hier) und seine bisherige Entscheidungspraxis somit grundlegend geändert.
Aufgrund des bahnbrechenden Urteils hat der Oberste Gerichtshof grundsätzlich zugestanden, dass eine Gesellschaft mit ihrem Geschäftsführer (oder Vorstandsmitglied oder einem anderen Mitglied des Geschäftsführungsorgans) gültig einen sog. Managervertrag für die Position des Direktors abschließt und sie diesen Vertrag der Regelung des Arbeitsgesetzbuches unterwirft. Mit größter Wahrscheinlichkeit gelangt dieser Ansatz auch auf nach Inkrafttreten des Handelskörperschaftsgesetzes geschlossene Verträge zur Anwendung.
Obwohl der Managervertrag auf das Arbeitsgesetzbuch verweist, ändert dies nichts am gesellschaftsrechtlichen Charakter der Beziehung zwischen dem Mitglied des Geschäftsführungsorgans und der Gesellschaft. Der Geschäftsführer wird aufgrund eines Managervertrags kein Arbeitnehmer der Gesellschaft, und die Bestimmungen des Arbeitsgesetzbuches gelangen nur in begrenztem Maße zur Anwendung. Der Geschäftsführer kann sich nicht auf den Schutz des Arbeitnehmers gemäß Arbeitsgesetzbuch berufen, der im Widerspruch zu den zwingenden Regeln des Gesellschaftsrechts stehen würde. Die Bestimmungen des Arbeitsgesetzbuches können also eher als „allgemeine Vertragsbedingungen“ oder Nachtrag zum Funktionsausübungsvertrag verstanden werden.
Das Urteil des Obersten Gerichtshofs ist eine große Hilfe, da es beispielhaft aufzählt, welche konkreten gesellschaftsrechtlichen Regelungen durch den dem Arbeitsgesetzbuch unterworfenen Managervertrag nicht umgangen werden dürfen. Hierzu zählen:
- der Geschäftsführer kann von der Gesellschaft jederzeit abberufen werden, auch ohne Angabe des Grundes, die Kündigungsgründe laut Arbeitsgesetzbuch gelangen daher nicht zur Anwendung und der Geschäftsführer ist durch keine „Kündigungsfrist“ geschützt, sofern die Satzung / der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft nichts anderes regelt;
- der Managervertrag bedarf der Schriftform und ist von der Gesellschafterversammlung zu bewilligen – Gleiches gilt auch für eine jegliche Vergütung („Lohn“) des Geschäftsführers;
- der Geschäftsführer ist verpflichtet, die Funktion mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auszuüben und Verschwiegenheit über vertrauliche Informationen und Tatsachen zu wahren;
- bei Verursachen eines Schadens ist die Haftung für den Schadenersatz nicht laut Arbeitsgesetzbuch beschränkt, sondern der Geschäftsführer ist verpflichtet, den Schaden in voller Höhe zu ersetzen.
Der Oberste Gerichtshof hat geurteilt, dass Streitigkeiten aus einem Managervertrag stets eine Streitigkeit zwischen dem Geschäftsführungsorgan und der Gesellschaft sind, so dass in erster Instanz die Bezirksgerichte zuständig sind (und nicht die Kreisgerichte, wie dies bei einem arbeitsrechtlichen Streit der Fall wäre).