Zum 1. Januar 2021 tritt eine umfangreiche Novelle des Handelskörperschaftsgesetzes in Kraft, die erhebliche Änderungen für die Ausschüttung von Gewinn und anderer Eigenquellen sowie eine größere Verantwortung für die Geschäftsführungsmitglieder mit sich bringt. Das Handelskörperschaftsgesetz regelt künftig z. B. eine Frist, in der eine Entscheidung über eine Gewinnausschüttung zu treffen ist, Situationen, in denen kein Gewinn ausgeschüttet werden darf, sowie die Voraussetzungen für die Leistung einer Abschlagszahlung und deren Rückzahlung.
Frist für die Gewinnausschüttungsentscheidung
Das bestehende Gesetz enthielt keine Regelung, über welchen Zeitraum der ordentlich auf- und festgestellte Jahresabschluss als Grundlage für eine Gewinnausschüttung genutzt werden darf. Der Oberste Gerichtshof hat durch seine Entscheidung (als allerdings noch das Handelsgesetzbuch galt) eine für die Praxis unglückliche Frist von 6 Monaten bestimmt, die sich als recht unpraktisch erwiesen hat. Künftig kann ein Gewinnverwendungsbeschluss auf Basis eines Jahresabschlusses erfolgen, sofern der Stichtag des Jahresabschlusses maximal vor einem Jahr war. Ansonsten ist ein neuerer Jahresabschluss einem Ausschüttungsbeschluss zugrunde zu legen.
Wann kann kein Gewinn ausgeschüttet werden
Es gilt, dass kein Gewinn oder andere Eigenquellen (einschließlich Rückzahlung von Rücklagen außerhalb des Stammkapitals) ausgeschüttet werden dürfen, wenn das Eigenkapital unter die Höhe des gezeichneten und sowie um nicht frei verfügbare Rücklagen, erhöhten Eigenkapitals fallen würde oder das Eigenkapital nach einer solchen Ausschüttung sogar negativ würde. Neu wird sich der sog. Eigenkapitaltest (oder zweite Bilanztest) auf alle Kapitalgesellschaften und Genossenschaften erstrecken.
Das Handelskörperschaftsgesetz enthält künftig jedoch insgesamt 3 Bilanztests – den ersten Bilanztest enthielt das Gesetz bereits vor der Novelle, künftig gelangt er aber auch auf die Ausschüttung anderer Eigenquellen als nur des Gewinns zur Anwendung – und zwar mittels Beschränkung der Ausschüttungshöhe, indem der auszuschüttende Betrag bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften die Summe des Betriebsergebnisses der letzten abgeschlossenen Rechnungsperiode, des Betriebsergebnisses der vergangenen Jahre und der von der Gesellschaft nach eigenem Ermessen verwendeten sonstigen Fonds, verringert um die Zuweisungen in die Rücklagen- und anderen Fonds nach dem Gesetz und Gesellschaftsvertrag, nicht übersteigen darf.
Der letzte (dritte) Bilanztest gilt für die Situation, dass die Gesellschaft in der Bilanz Entwicklungskosten aktiviert hat. Hier kann der Gewinn nur ausgezahlt werden, soweit der auszuschüttende Betrag die Entwicklungskosten übersteigt.
In allen Fällen gilt künftig, dass eine im Widerspruch zu diesen Tests ergangene Entscheidung des Leitungsorgans keine rechtlichen Wirkungen entfaltet, d.h. als ob die Gesellschafterversammlung über die Ausschüttung des Gewinns überhaupt nicht entschieden hätte. Seine Ausschüttung wäre so gesetzwidrig mit voller Haftung der Geschäftsführung.
Die Ausschüttung der konkreten Dividende hat binnen 3 Monaten zu erfolgen, diese Frist kann allerdings im Gesellschaftsvertrag abweichend geregelt oder von der Gesellschafterversammlung anders bestimmt werden. Auch weiterhin gilt natürlich der sog. Insolvenztest.
Abschlagszahlungen auf den Gewinnanteil
Auch künftig können auf den Gewinnanteil Abschlagszahlungen geleistet werden. Wenn der tatsächliche ausschüttungsfähige Gewinn laut entsprechendem Jahresabschluss aber geringer als die Summe der geleisteten Abschlagszahlungen sein sollte, wird die erhaltene Abschlagszahlung künftig binnen 3 Monaten ab dem Tag, an dem der ordentliche oder außerordentliche Jahresabschluss festgestellt wurde oder festzustellen war (falls die Gesellschaft kein Wirtschaftsjahr hat, also spätestens bis September des Folgejahres), zurückzuzahlen sein.
Die Novelle regelt weiter eine größere Verantwortung der Geschäftsführungsmitglieder für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausschüttung des Gewinns und anderer Eigenquellen. Laut bisheriger Regelung durfte die Gewinnausschüttung nicht gegen das Handelskörperschaftsgesetz verstoßen, künftig aber gegen überhaupt kein Gesetz. Sollte ein Geschäftsführungsmitglied der Auszahlung entgegen den Rechtsvorschriften zustimmen, würde er sich nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns verhalten.
Die vorstehend dargelegten Regeln sind keine Aufzählung aller durch die Novelle eingeführten Änderungen. Außer Frage steht jedoch, dass die Gesellschafter und Geschäftsführungsmitglieder der Gewinnverteilung und -ausschüttung ab dem nächsten Jahr größere Aufmerksamkeit zu widmen haben.