Die Rechtspraxis in Deutschland zur virtuellen Abhaltung der Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften hat sich als praktische Lösung erwiesen. Deshalb haben der Bundestag und der Bundesrat Anfang Juli dieses Jahres das Gesetz zur Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften verabschiedet, das die zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie bestimmte temporäre Regelung zur dauerhaften Regelung werden lässt. Dieses Gesetz regelt ebenfalls die spezifischen Aspekte des Verlaufs einer solchen Hauptversammlung, sei es einer rein virtuellen oder einer hybriden Hauptversammlung. Aber wie sieht es in Tschechien aus?
Tschechien hat eine Regelung für virtuelle Gesellschafter-/Hauptversammlungen nicht nur für Aktiengesellschaften, sondern auch für Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Ihre Einberufung ist nur dann möglich, wenn dies in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft ausdrücklich geregelt ist. Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie hat Tschechien ein Gesetz verabschiedet, das ihre Abhaltung auch dann ermöglicht, wenn dies laut Satzung oder Gesellschaftsvertrag nicht zulässig war. Es galt jedoch nur über einen befristeten Zeitraum, der jedoch bereits abgelaufen ist, sodass virtuelle Generalversammlungen weiter der allgemeinen gesetzlichen Regelung unterliegen. Zur Vereinfachung befasst sich der weitere Text nur mit der Regelung für Aktiengesellschaften, er gilt aber auch für Gesellschaften mit beschränkter Haftung.
Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften (AG) können laut Gesetz unter Nutzung technischer Hilfsmittel abgehalten werden. Damit ist eine breite Palette gemeint, z. B. Videokonferenzen, Kommunikationsprogramme über das Internet, Dienste von Telekommunikationsanbietern (SMS, MMS, Sprachdienste) u.a.
Ein praktisches Problem einer solchen Beschlussfassung ist jedoch die Pflicht der Gesellschaft, die Identität des teilnehmenden Aktionärs zu prüfen, die durch das Gesetz nicht eingehender geregelt ist. In Betracht gezogen werden können die nachstehenden Varianten a) Identitätszeugen, die erklären, dass sie die jeweilige Person kennen; b) vorab vereinbarte Kennwörter; c) Identifikationsmittel wie Bankidentität; d) Personalausweis mit Chip oder e) qualifizierte elektronische Identifizierungssysteme.
Dieses Problem besteht erst recht, wenn die Hauptversammlungsbeschlüsse zu beurkunden sind. Von Notaren allgemein anerkannte Praxis ist die Kontrolle der Aktionäre, indem sie ihren Ausweis in die Kamera halten und er vom Vorsitzenden geprüft wird. Bei einem tschechischen Staatsbürger kann der Notar die Identität der jeweiligen Person elektronisch durch die Angaben aus den Basisregistern überprüfen. Jeder kann (auch ohne Gegenwart des Notars) die Gültigkeit eines tschechischen und slowakischen Personalausweises im Register der verlorenen oder entwendeten Ausweise prüfen. Es kann daher empfohlen werden, den Vermerk über die Identitätsprüfung, sofern dies die gewählten technischen Mittel ermöglichen, über eine gewisse Zeit aufzubewahren, um mögliche Streitigkeiten über die Teilnehmer der Hauptversammlung und ihren Verlauf zu vermeiden. Der Notar selbst ist in der Regel am gleichen Ort wie der Vorsitzende der Hauptversammlung zugegen, um dessen Identität prüfen zu können. Bei tschechischen Staatsbürgern kann gleichwohl erneut auf elektronische Identifizierungssysteme zurückgegriffen werden, sodass der Notar nur unter Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel anwesend sein kann. Über die Abstimmung selbst wird der Vorsitzende in Abstimmung mit dem Notar dann einen Vermerk in der notariellen Niederschrift festhalten.
Im Falle einer Vollmacht zur Teilnahme an der Hauptversammlung, die obligatorisch mit amtlich beglaubigter Unterschrift zu unterzeichnen ist, ist in der Satzung ein zuverlässiges System zur Überprüfung ihrer Echtheit zu regeln. Im Allgemeinen wird diese Vollmacht dem Vorsitzenden vor der Hauptversammlung zugesandt. Ab dem 01.07.2022 ist diese Situation für tschechische Staatsbürger noch einfacher, weil eine solche Vollmacht auch elektronisch zugesendet werden kann, da aufgrund des Gesetzes über das Recht auf digitale Dienste Urkunden durch anerkannte elektronische Unterschrift unterzeichnet werden können. Der Aktionär – wenn tschechischer Staatsbürger unterzeichnet die Vollmacht also mit anerkannter elektronischer Signatur, diese zugesandte Vollmacht kann dann für seine Vertretung auf der Hauptversammlung der Gesellschaft genutzt werden.
Das Gesetz regelt ebenfalls Beschlüsse außerhalb einer Hauptversammlung im sog. Umlaufverfahren (Per Rollam). Diese Möglichkeit ist in der gesetzlichen Regelung bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung automatisch zulässig, bei Aktiengesellschaften muss sie in der Satzung geregelt sein. Gegenüber Beschlüssen und der Abstimmung mittels technischer Hilfsmittel unterliegen im Umlaufverfahren gefasste Beschlüsse strengeren Auflagen, gleichwohl bietet ihre Regelung weniger Raum für die Entstehung möglicher Streitigkeiten.